Neufassung des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes
Der Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs, der „Abtreibungsparagraf“, wurde 1871 im Kaiserreich eingeführt und stellte den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe. Nach erbittertem Streit wurde er erst in der Weimarer Republik abgemildert, in der NS-Zeit dann wieder verschärft – bis hin zur Todesstrafe in bestimmten Fällen. In der DDR gab es ab 1972 eine Fristenlösung: In den ersten zwölf Wochen war ein Schwangerschaftsabbruch nach einem vorher erfolgten Beratungsgespräch straffrei. In der frühen Bundesrepublik blieb eine Abtreibung eine Straftat, bei der bis zu fünf Jahre Gefängnis drohten. Trotzdem kam es nach Schätzungen zu einer halben Million illegalen Abtreibungen im Jahr. Erst als 1971 im „Stern“ eine große Zahl von Frauen gestanden: „Wir haben abgetrieben!“, nahm die Debatte über die Strafbarkeit Fahrt auf. 1976 beschloss der Bundestag eine Reform, nach der ein Abbruch weiter bestraft werden konnte, davon jedoch bei bestimmten „Indikationen“ abgesehen wurde – wenn eine Vergewaltigung vorlag, gesundheitliche Gefahren oder soziale Notlagen drohten.
Nach der deutschen Wiedervereinigung musste eine einheitliche Lösung her. Wieder wurden heftige Debatten geführt, in deren Verlauf das Bundesverfassungsgericht die grundgesetzliche Verpflichtung zum Schutz auch des ungeborenen menschlichen Lebens betonte. Am 29. Juni 1995 beschloss der Bundestag die Novellierung des § 218: Innerhalb der ersten zwölf Wochen bleibt der Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn ein Arzt die Durchführung übernimmt und vorher eine Beratung erfolgt ist. Diese soll dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen, aber ergebnisoffen sein. Die gesamten Kosten muss die Frau selbst tragen, außer sie befindet sich in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Diese Regelungen gelten auch heute noch.

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