Die Lesben- und Schwulenbewegung rückt ins Licht der Öffentlichkeit
Seit 1872 galt im gesamten Deutschen Reich der Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs, nach dem „widernatürliche Unzucht“ zwischen Männern mit Gefängnis zu bestrafen war. Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Homosexuellenbewegung konnte in der Weimarer Republik echte Erfolge erzielen, es bildeten sich beachtliche Freiräume für sexuelle Minderheiten heraus. Deren Ende kam mit der Machtübernahme der Nazis, die den Paragraphen 175 auf sämtliche „unzüchtige“ Handlungen ausweiteten und damit verschärften. Während die DDR den Paragrafen 1968 abschaffte, wurde er in der Bundesrepublik 1969 und 1973 lediglich reformiert: Sexuelle Handlungen zwischen Männern waren nicht mehr strafbar, mit männlichen Jugendlichen allerdings sehr wohl. In beiden Teilen Deutschlands bestand jedoch eine starke gesellschaftliche Ächtung und Diskriminierung von Homosexuellen fort. Im Westen wurden z. B. Demonstrationen häufig gerichtlich mit der Begründung verboten, der Staat müsse die öffentliche Sicherheit und die Einhaltung des „Sittengesetzes“ gewährleisten. Noch 1970 äußerte CSU-Chef Strauß öffentlich: „Lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder“.
Weltweit nahm zu dieser Zeit jedoch das Selbstbewusstsein der Lesben- und Schwulenbewegung bereits zu. In Deutschland wagten sich erstmals in Münster am 28. April 1972 ca. 200 Homosexuelle auf die Straße, um öffentlich gegen die Diskriminierung zu protestieren. Der bundesweit ersten Schwulen-Demonstration folgten bald viele weitere. Dadurch wandelte sich das gesellschaftliche Klima allmählich. Jedoch erst nach der deutschen Wiedervereinigung erfolgte 1994 die ersatzlose Streichung des Paragrafen 175.

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