Die DDR gibt sich eine Hymne, deren Worte sie später nicht mehr hören will
Nach der Gründung der DDR brauchte der neue Staat eine eigene Hymne. Im Auftrag des Präsidenten und des Politbüros der SED machte sich der Dichter Johannes Becher daran, den Text zu verfassen. Vorgegeben war ihm dabei die Einbeziehung der Punkte Demokratie, Kultur, Wohlstand, Völkerfreundschaft, Frieden und Einheit Deutschlands. Becher versuchte eine „Friedenshymne“ zu schaffen, die „auch die deutschen Menschen, die im Westen wohnen“, ansprechen konnte. Der Komponist Hanns Eisler erhielt den Text zur musikalischen Gestaltung. Eisler wollte einen „sehr menschlichen Ton“ finden, der „nichts Militärisches“ an sich hatte. Schließlich entstand eine volksliedhafte Hymne, deren Text sich auch auf die Melodie des Deutschlandlieds – der bundesdeutschen Nationalhymne – singen ließ und die anfangs noch als für Gesamtdeutschland gültig verstanden werden konnte. Am 5. November 1949 bestimmten Politbüro und Ministerrat Text und Melodie zur „Deutschen Nationalhymne“.
Deren wenig kämpferischer Charakter stieß von Anfang an nicht nur auf Zustimmung, die Nationalhymne gehörte aber in den ersten beiden Jahrzehnten zum Alltag der DDR. Nach den Abkommen mit der Bundesrepublik im Rahmen der „neuen Ostpolitik“ gab die DDR jeglichen gesamtdeutschen Anspruch und das Ziel der Wiedervereinigung auf. Deshalb verschwanden seit Anfang der 1970er-Jahre die Worte „deutsch“ und „Deutschland“ immer mehr aus dem offiziellen Wortschatz. Ohne das öffentlich bekanntzugeben, sorgte das Politbüro auch dafür, dass der Text der Nationalhymne, in dem das Wort „DDR“ nicht vorkam, kaum noch gesungen wurde. Bei offiziellen Anlässen wurde stets nur noch die Instrumentalfassung gespielt. Erst in der Endphase der DDR war die ironisch zu Eislers Melodie gesungene Textzeile „Deutschland, einig Vaterland“ auf Demonstrationen wieder öfter zu hören.
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