Frühere DDR-Bürger erfahren aus den Stasi-Akten, was der Staat über sie gewusst hat
Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR war das entscheidende Kontroll- und Unterdrückungsinstrument der SED. Mit der Überwachung der eigenen Bürger waren gegen Ende der DDR bald 100 000 hauptamtliche und bis zu doppelt so viele informelle Mitarbeiter der Stasi beschäftigt. Gerade Letztere waren oft Kollegen, Bekannte oder Familienmitglieder, die Informationen über verdächtige Bürger sammelten und an ihre Auftraggeber oder Vorgesetzten weitergaben. Während der friedlichen Revolution 1989 versuchten Stasi-Mitarbeiter Millionen von Unterlagen verschwinden zu lassen. Eine Menge wurde jedoch auf die Initiative der Bürgerbewegung und von Oppositionellen hin sichergestellt, teils in geschreddertem Zustand. Sie wollten nicht in Vergessenheit geraten lassen, was da alles im Geheimen abgelaufen war. Die letzte und frei gewählte Volkskammer der DDR setzte noch einen Sonderausschuss unter der Führung von Joachim Gauck ein, der sich der Akten annehmen sollte. Nach vollzogener Einheit bestätigten Bundesregierung und Bundespräsident die jetzt oft als „Gauck-Behörde“ bezeichnete Einrichtung. Deren Mitarbeiter sichteten, ordneten und verwalteten die Papiere.
Als man diese auch für interessierte Bürger zugänglich machen wollte, trat ein Problem auf: Das „Bundesarchivgesetz“ legte für staatliche Akten wegen der personenbezogenen Daten eine dreißigjährige Sperrfrist fest. Deswegen brauchte es in diesem Fall eine Sonderregelung, um zwischen Persönlichkeitsrecht und Datenschutz einerseits und dem berechtigten Interesse an der Aufarbeitung andererseits abwägen zu können. Man entschied sich für eine Anonymisierung bzw. Schwärzung personenbezogener Daten etwa auch von Freunden und Verwandten. Dann stellte man Regeln für die Erschließung und Verwaltung der Akten auf und schuf die Grundlagen für den Zugang zu den Unterlagen und die Bedingungen für ihre Verwendung. Am 29. Dezember 1991 trat das „Stasi-Unterlagen-Gesetz“ in Kraft, damit wurde für Privatpersonen, Wissenschaftler und Medien die Akteneinsicht möglich. Über drei Millionen Menschen nutzten diese Möglichkeit, sich die eigene Stasi-Akte anzusehen. Auch Bürger der alten Bundesrepublik konnten das tun, denn über nicht wenige von ihnen hatte die Stasi ebenfalls Material gesammelt. So erfuhren viele Menschen Einzelheiten über Aufzeichnungen, Berichte oder auch Decknamen von IMs, die Informationen geliefert hatten. Seit 2021 liegt die Zuständigkeit für das Stasi-Unterlagen-Archiv beim Bundesarchiv, die Möglichkeit der Akteneinsicht für Privatpersonen besteht weiter.
Über das Deutschlandmuseum
Ein immersives und innovatives Erlebnismuseum über 2000 Jahre deutscher Geschichte
Das ganze Jahr im Überblick