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„Züchtigungsverbot“ bei Lehrlingen

„Züchtigungsverbot“ bei Lehrlingen
Dez. 27 1951
Symbolbild: Ausbilder und Lehrling bei Borgward um 1938/1940 (Quelle: Deutsche Fotothek / Karl Theodor Gremmler)

Die jahrhundertalte Praxis körperlicher Strafen bei der Lehrlingsausbildung geht zu Ende

Körperstrafen für untergeordnete oder abhängige Personen zur Disziplinierung oder Bestrafung waren früher in Deutschland gang und gäbe. Martin Luther etwa empfahl, bei der Erziehung nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ „neben den Apfel eine Rute zu legen“. Bei der Ausbildung spielten Körperstrafen allgemein eine große Rolle. Vor allem in den frühen Volksschulen nach der Einführung der allgemeinen Schulpflicht im 19. Jahrhundert nutzten die Lehrer, nicht selten ausgeschiedene Soldaten, zur Aufrechterhaltung der Disziplin vorwiegend den Rohrstock oder die Rute. Beim Militär mancher deutschen Länder versuchte man den Drill der Soldaten und Disziplinverstöße mit dem sogenannten „Spießrutenlaufen“ durchzusetzen. Im Zuge von Heeresreformen wurde es Anfang des 19. Jahrhunderts abgeschafft. Lehrlinge hatten es in früheren Zeiten allgemein nicht leicht, sie wurden gemäß dem Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ zu einfachen oder unangenehmen Arbeiten herangezogen und „geschliffen“. In den Handwerkerzünften bekam der Lehrherr bzw. Meister vom Vater des Lehrlings die Erziehungsgewalt und damit auch das Recht auf Körperstrafen übertragen. Mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch wurde 1900 zwar das Recht der Züchtigung des Dienstherrn gegenüber dem Haus- oder Hofgesinde abgeschafft, nicht aber gegenüber minderjährigem Personal. Auch die Lehrherren bekamen das Recht der „väterlichen Zucht“ gegenüber den Lehrlingen nochmals bekräftigt. Am 27. Dezember 1951 wurde jedoch in der Bundesrepublik die Gewerbeordnung neu geregelt. Damit galt: „Körperliche Züchtigung sowie jede die Gesundheit des Lehrlings gefährdende Behandlung sind verboten“. Trotzdem waren noch Jahrzehnte später brutale Übergriffe von Ausbildern nicht ungewöhnlich.

Während in der Sowjetischen Besatzungszone und dann der DDR Prügelstrafen an Schulen von Anfang an nicht zulässig waren, gab es in etlichen Ländern der Bundesrepublik bis Anfang der 1970er-Jahre kein eindeutiges Verbot. Obwohl z. B. das bayerische Kultusministerium körperliche Strafen zu dieser Zeit untersagt hatte, entschied ein Gericht noch Jahre später mit Verweis auf das „Gewohnheitsrecht“ zugunsten eines Grundschulpädagogen. Ein Vater hatte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch bis in die Anfangsjahre der Bundesrepublik das Recht, „angemessene Zuchtmittel“ bei der Kindererziehung anzuwenden. Das änderte sich 1957: Aufgrund des „Gleichberechtigungsgesetzes“ wurde dem Vater der Vorrang entzogen, vielmehr konnten jetzt nach Gewohnheitsrecht beide Elternteile gleichermaßen die Züchtigung ihrer Kinder vornehmen. Erst seit dem 2000 in Kraft getretenen „Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung“ ist das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung festgeschrieben.

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