Das erste Frauenhaus Deutschlands wird eröffnet
Lange gab es in der Bundesrepublik wie in anderen Staaten auch in der Öffentlichkeit kaum ein Bewusstsein für das Problem häuslicher Gewalt. Nach Umfragen erlebt jede vierte Frau mindestens einmal im Leben physische Gewalt durch männliche Beziehungspartner, unter anhaltender Gewalt mit behandlungsbedürftigen Verletzungen soll etwa jede zwanzigste Frau leiden. Vorgänge innerhalb der Wohnung galten jedoch lange als Tabuthema. Um 1970 riefen Aktivistinnen der „neuen Frauenbewegung“ zur Solidarität mit betroffenen Frauen auf. Ab 1975 befasste sich in West-Berlin eine Frauengruppe, unter ihnen Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen, Ärztinnen und Anwältinnen, mit der Planung einer sozialen Einrichtung. Ziel war es, misshandelten Frauen und ihren Kindern Hilfe, Beratung und eine vorübergehende Unterkunft anbieten zu können. Nach anfänglichem Zögern sagte auch das Bonner Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eine finanzielle Unterstützung zu.
Damit konnte ein autonomes Berliner Frauenhaus nach bereits bestehenden Vorbildern im Nordwesten Europas eingerichtet und am 1. November 1976 eröffnet werden. Als „Modellversuch“ wurde es zunächst mit Bundesgeldern unterstützt, dann sollte der Trägerverein der Gründerinnen Zuschüsse des Berliner Senats erhalten. In den ersten zwölf Monaten nahmen mehr als 600 Frauen und über 700 Kinder Schutz und Beratung in Anspruch. Nachdem kurz nach Berlin auch Köln ein Frauenhaus erhalten hatte, zogen bald zahlreiche andere deutsche Städte nach. Seit dem Inkrafttreten der „Istanbul-Konvention“ 2018 gilt in Deutschland eine staatliche Verpflichtung zur Finanzierung der Frauenhäuser. Heute gibt es in Deutschland mehr als 400 von ihnen, allerdings verfügen sie noch immer nicht über genügend Plätze, um alle Schutzsuchenden unterbringen zu können.
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