Die militärische Führung versucht von ihrer Schuld an der Niederlage abzulenken
Da die militärische Lage für Deutschland aussichtslos geworden war, hatte die Oberste Heeresleitung (OHL) im Frühherbst 1918 von der politischen Führung verlangt, einen Waffenstillstand mit den westlichen Kriegsgegnern abzuschließen. Auf Betreiben der OHL wurde dazu eine neue Reichsregierung gebildet, die unter Reichskanzler Max von Baden auch aus demokratischen Parteien bestand. Sie beauftragte eine Abordnung mit Staatssekretär Erzberger mit der Führung der Waffenstillstandsverhandlungen. In einem Eisenbahnwaggon im nordfranzösischen Compiègne wurden ihnen harte Bedingungen vorgelegt. So sollten eine Menge Waffen und Kriegsgerät sowie Tausende Lokomotiven und Waggons abgegeben, das linksrheinische Deutschland durch alliierte Truppen besetzt werden. Während der Verhandlungen fand in Deutschland die Novemberrevolution statt und Max von Baden übertrug sein Amt auf den Sozialdemokraten Friedrich Ebert, der auch Mitglied der Revolutionsregierung bzw. des „Rats der Volksbeauftragten“ wurde. Als Erzberger in Berlin um Rat nachsuchte, wurde er von der OHL zur Annahme der Bedingungen angewiesen und unterzeichnete am 11. November 1918 den Waffenstillstand. Dessen Inhalte hatte mittlerweile auch Friedrich Ebert akzeptiert.
In Militärkreisen waren schon länger Pläne geschmiedet worden, die Verantwortung für die Niederlage im Krieg Politikern zuzuschieben, die sich für einen Verständigungsfrieden ausgesprochen hatten. Obwohl das deutsche Heer im Herbst 1918 dem Druck der Alliierten kaum mehr standhielt und zusammenzubrechen drohte, behauptete die militärische Führung, das „im Felde unbesiegte“ Heer sei von eigenen Politikern um den Sieg gebracht worden. Diese hätten dem Militär quasi von hinten einen „Dolchstoß versetzt“. Diese „Dolchstoßlegende“ verbreitete sich bald unter der Bevölkerung und wurde stetig von rechts geschürt, um gegen den „Verrat“ der „Novemberverbrecher“ und damit gegen die Republik zu hetzen. Ziel war es, demokratische und auch jüdische Politiker zu bekämpfen und den Waffenstillstand und den späteren Versailler Frieden als „Schanddiktat“ zu brandmarken.
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